Hallo zusammen,
ich verfolge gerade begeistert die Videoreihe. Besonders angenehm finde ich, dass sie auch mir als absoluten Laien ermöglicht, ganz gut zu folgen, ohne dabei zu oberflächlich zu bleiben. Wirklich großartig was einem hier geboten wird!
Es gibt jedoch beim Nachdenken über die SRT einen Punkt, der mich immer wieder stolpern lässt. Und das sind die Gedankenexperimente mit den Zügen. Ich entschuldige mich dafür, dass ich hier etwas aushole. Es fällt schwer präzise in Worte zu fassen, wo hier mein Stolperstein liegt, weil einfach so viele Konzepte zusammen kommen. Ich denke, die Sache ist die: Ich begreife sie abstrakt, vermag aber nicht, sie "in die Realität zu holen". Es spielt dabei erst einmal eine untergeordnete Rolle, ob es sich dabei um
Experiment A: mit dem vertikal pendeldnen Lichtstrahl (aus dem man auf Zeitdilatation/Längenkontraktion schließt) handelt oder um
Experiment B: mit den beiden Blitzeinschlägen an zwei Enden eines Zuges (an welchem die Relativität von Gleichzeitigkeit verdeutlicht werden soll).
Experiment C: mit der Lichtquelle in der Mitte des Zuges, die je einen Lichtstrahl an bei Enden des Zuges schickt.
(Ich verzichte hier der Übersichtlichkeit zu Liebe mal auf eine detailliertere Beschreibung der Experimente, in der Hoffnung, dass eh jeder weiß worauf ich Bezug nehme)
In beiden Fällen machen Beobachter in unterschiedlichen Bezugssystemen voneinander abweichende Beobachtungen zu dem "selben" Ereignis.
Daraus zieht Einstein dann ziemlich drastische Schlüsse über Raum, Zeit und Gleichzeitigkeit.
Dazwischen liegt ein gedanklicher Schritt, dem ich nicht folgen kann. Hier fehlt mir scheinbar irgendeine Information. Denn:
Intuitiv wären meine Schlussfolgerungen in dem Fall dann nicht die von Einstein, sondern eher etwas "banales" wie:
"Der Beobachter im bewegten Bezugssystem macht eben ungenaue Beobachtungen, weil diese auf unvollständigen Informationen beruhen. Er weiß ja nicht, dass sich sein Bezugssystem bewegt."
Nun ist mir klar dass es sowas wie ein "absolutes Bezugssystem" nicht gibt und man jedes bewegte Bezugssystem auch einfach als ein Ruhendes definieren könnte. Der Unterschied wäre theoretisch nicht feststellbar. Richtig? Und rein abstrakt mathematisch kann ich das soweit auch akzeptieren und Einsteins Schlussfolgerung nachvollziehen.
Aber sobald ich versuche, das Ganze in die Wirklichkeit zu holen, entzieht sich mir das Ganze schlagartig wieder. Genau das wäre doch aber das Ziel der Physik, oder? Ich war immer davon ausgegangen, dass es sich dabei um abstrakte Gedankenspiele handelt. Es fällt mir schwer zu akzeptieren, dass diese sich real experimentell bestätigen lassen würden.
Im Fall von
Experiment A: Würden wir das Experiment tatsächlich in der realen Welt durchführen und nicht nur als Gedankenexperiment behandeln, so würde das Licht doch genau eine Strecke zurücklegen. Und nicht zwei unterschiedlich lange Strecken, je nachdem ob wir nun von innerhalb oder außerhalb des fahrenden Zuges beobachten. Und selbst wenn der Beobachter innerhalb des Zuges denkt, er würde einen Lichtstrahl senkrecht nach oben senden, weil es für ihn so aussieht... weshalb wäre das dann nicht einfach eine irrtümliche Beobachtung?
Im Fall von
Experiment B: Auch hier wieder real betrachtet. Ich kann nachvollziehen dass es hier zu einer unterschiedlichen Wahrnehmung von Gleichzeitig kommen würde, aber doch nur wenn man sich einzig auf seine Wahrnehmung verlässt und andere Parameter einfach vernachlässigt, oder? Wenn man sich also im bewegten Bezugssystem (Zug) befindet und neben den scheinbar zeitlich versetzten Blitzen auch die Distanz zu den Blitzen und die Informationsgeschwindigkeit berücksichtigt, müsste sich daraus doch wieder auf eine Gleichzeitigkeit schließen lassen, oder? Denn: Müsste sich nicht auch eigentlich, aufgrund des Dopplereffekts, in einem Blitz eine Rotverschiebung und in dem Anderen eine Blauverschiebung feststellen lassen und dem Beobachter so ein Indiz dafür geben, dass sich sein Bezugssystem bewegt?
Im Fall von
Experiment C: Auch hier natürlich mit dem Versuch, das Ganze nicht abstrakt zu betrachten, sondern übertragen auf die Realität. Ich verstehe nicht, weshalb die beiden Beobachter hier zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen sollten. Müsste nicht auch für den Beobachter, der sich im Bezugssystem Zug befindet, der Sensor, der sich in den Lichstrahl hinein bewegt früher ausschlagen?
Ich vermute, dass die Antwort auf meine Fragen einem fundamentalen Missverständnis beruht. Man möge mir das nachsehen.
Vielen Dank schonmal!